Die beiden Dorfteile hatten je eine eigene Flurordnung, was darauf schliessen lässt, dass die beiden Siedlungen nicht zur gleichen Zeit entstanden sind. Der nebenaus liegende Weiler Köschenrüti dürfte im Hochmittealter als Rodungshof seinen Anfang genommen haben. Das mächtige Bauernhaus aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit Ökonomieteil unter dem gleichen First bildet mit seinen Nebengebäuden aus dem 19. Jahrhundert ein eindrückliches und auf Stadtgebiet verblüffendes Ensemble (Köschenrütistrasse 185). Eine zweite hochmittelalterliche Ausbausiedlung entstand am Südrand von Seebach, gegen Oerlikon hin. Die in einer ehemals mit Binsen bestandenen Niederung liegende Binzmühle nutzte das Wasser des Leutschenbachs. Das 1212 erstmals erwähnte Mühlengebäude wurde 1961 abgebrochen. Das Nachbarhaus, der ″Tannenhof″ aus dem Jahr 1678, steht noch (Allmannstrasse 4).
Praktisch aller Grund und Boden in Seebach gehörte der Fraumünsterabtei in Zürich, welche die einzelnen Höfe seit dem 14. Jahrhundert als Erblehen vergab, sodass die Güter über Generationen in der gleichen Familie verblieben. Ebenso bezog die Fraumünsterabtei den Zehnten, allerdings nur im Oberdorf, während das Ausserdorf, das nach Kloten kirchgenössig war, seinen Zehnten dem Kloster Wettingen, welche die Rechte an der Pfarrei Kloten besass, schuldete. Mit der Reformation ging dieser Besitz vom aufgelösten Kloster an die Stadt Zürich über und wurde vom Fraumünsteramt verwaltet. Neben der Grundherrschaft übte das Fraumünster auch die niedere Gerichtsbarkeit aus, während das Hochgericht 1424 von den Habsburgern an Zürich überging.
Das Oberdorf gehörte zur Kirchgemeinde von Rümlang, eine eigene Kirche bekam Seebach erst 1664. Der bescheidene Bau steht an der Stelle einer früheren St.-Niklaus-Kapelle, die vermutlich bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht (Seebacherstrasse 73).
Die Bevölkerung Seebachs dürfte in der Mitte des 15. Jahrhunderts weniger als 100 Personen betragen haben, bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts stieg sie auf etwa 500 an. Das Bevölkerungswachstum war nicht kontinuierlich, sondern wurde durch Seuchenzüge und Hungerkrisen durchbrochen. Missernten und Hungersnöte wie in den Jahren 1692/93, 1771 und noch 1817 weisen darauf hin, dass die landwirtschaft-lichen Ressourcen die wachsende Bevölkerung nur schlecht zu ernähren vermochten.
Im 17. Jahrhundert fand die bäuerliche Unterschicht zusätzliche Verdienstmöglichkeiten in der Heimarbeit für städtische Textilhändler. 1642 erliess die Obrigkeit ein Mandat gegen die Veruntreuung in der Woll- und Seidenverarbeitung. Die Pfarrherren hatten das Mandat in jenen Gemeinden, welche Heimarbeiter beherbergten, von der Kanzel zu verlesen. Darunter befand sich auch Seebach. Bereits auch im 17. Jahrhundert pendelten Wollkämmler aus Seebach in die Wollmanufakturen, welche in der Stadt konzentriert waren. Ebenso fand die rasche Expansion der Baumwollverarbeitung im 18. Jahrhundert ihren Niederschlag in Seebach. 1787 waren rund 10% der Bevölkerung in der Baumwollspinnerei, damals reine Hand- und Heimarbeit, beschäftigt.
Grundsätzlich verbot die dörfliche Ordnung, neue Häuser zu bauen, um die gemeinschaftlichen Nutzungsrechte, die an das Haus gebunden waren, nicht zu zersplittern. Wo Wohnraum für neue Familien nötig wurde, behalf man sich mit der Unterteilung bestehender Häuser oder dem Anbau neuer Hausteile. An ein Bauernhaus, dendrochronologisch auf 1452 datiert, haben sich im Laufe der Jahrhunderte weitere Hausteile unter dem flachgeneigten ″Tätschdach″ angelagert.
Mit dem Ende des Ancien Régime und dem Beginn der demokratischen Staatsordnung fielen auch die Baurestriktionen dahin. Zwischen 1800 und 1880 entstanden rund 100 neue Gebäude, in der Mehrzahl Bauernhäuser. Der eigentliche Bauboom begann jedoch nach 1880 und war eng mit der Entwicklung der Nachbargemeinde Oerlikon verknüpft. Hier endete die Eisenbahnlinie Romanshorn - Winterthur im Eröffnungsjahr 1855. Mit dem Durchstich des Wipkinger Tunnels ein Jahr später wurden unmittelbar vor den Toren der Stadt riesige Areale erschlossen, wo sich dann Fabriken ansiedelten (vergleiche Oerlikon).
Im den Sog dieses industriellen Wachstumspols geriet auch Seebach. Das Dorf, das bisher von den Lehne des Buhnhügels nach Norden geblickt hatte, entwickelte sich nun nach Süden. Dabei verschwanden die ausgedehnten Waldungen, die sich noch 1850 von der Kuppe des Buhnhügels bis nach Oerlikon erstreckt hatten. Entlang der Schaffhauserstrasse entstanden nun Mehrfamilienhäuser, zum Teil mit grossstädtischem Gehabe, so etwa der ″Seebacherhof″, eine Blockrandbebauung mit repräsentativen Historismusfassaden (Schaffhauserstrasse 438ff.). Zwischen 1870 (833 Einwohner) und 1910 (4098 Einwohner) verfünffachte sich die Bevölkerung. Nach einem Stillstand im Ersten Weltkrieg nahm die Bevölkerung in der Zwischenkriegszeit wieder deutlich zu (1920: 4266, 1941: 7232 Einwohner).
1910 arbeiteten 881 in Seebach ansässige Erwerbstätige ausserhalb ihrer Wohngemeinde, hauptsächlich in Oerlikon und in Zürich, weitaus mehr als in den ähnlich gelegenen Nachbargemeinden Schwamendingen (307) und Affoltern (434). Die Attraktivität Seebachs für Pendlerinnen (177) und Pendler (704) ist darauf zurückzuführen, dass die Gemeinde schon früh vom öffentlichen Verkehr erschlossen war. Ende Oktober 1897 hatte die von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) gebaute und betrieben Strassenbahn von Zürich (Central) nach Seebach ihren Betrieb aufgenommen.
Seit 1877 besitzt Seebach auch eine Eisenbahnstation, die aber für den Personen-verkehr nie von Bedeutung war. Sie gehörte zur unglücklichen Nationalbahn, die, kaum war sie eröffnet, schon in Konkurs ging. Trotzdem, oder gerade deshalb, erlangte der Bahnhof grosse Bekanntheit, weil nämlich die MFO auf der wenig befahrenen Strecke Seebach–Wettingen ihre international beachteten Versuche mit der elektrischen Zugsförderung durchführte.
Seebach unterschied sich von Schwamendingen und Affoltern nicht nur hinsichtlich seiner Wegpendler, es wies 1910 auch eine recht bedeutende Zahl von Zupendelnden (294) auf. Das ist ein Hinweis auf die sich entwickelnde Industrie, die an der Grenze zu Oerlikon Gleisanschluss fand. Zu den frühen Gründungen, im Jahr 1900, gehörten die Eisen- und Metallgiesserei Seebach, vormals Heinrich Bölsterli & Co., deren Dolendeckel noch heute am Buhnrain und in der Seebacherstrasse ihren Dienst versehen, und die Aufzüge- und Räderfabrik Seebach, die unter anderem den spektakulären Lift auf dem Bürgenstock baute (Schaffhauserstrasse 468). Insgesamt war Seebach die städtischste unter den Nachbargemeinden Oerlikons, zwar ebenfalls vorwiegend von Unterschichtsangehörigen bewohnt, aber doch nicht ganz so arm wie jene.
Schon früh drängten die finanzschwachen und mit grossen Infrastrukturaufgaben belasteten Vorortsgemeinden auf eine Eingemeindung in die reiche Stadt Zürich. Umgekehrt lag das Interesse der Stadt an den armen Nachbarn in deren Reichtum an unüberbautem Land; eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung der neuen städtebaulichen Ideen wie das Wohnen im Grünen. Das Planungsgebiet des 1915 von der Stadt Zürich ausgeschriebenen Bebauungsplan-Wettbewerbs umfasste denn auch unter anderem die damals noch selbständige Gemeinde Seebach, die als neues Wohngebiet für die Arbeiterschicht vorgesehen war. Von der Auflösung der hoch verdichteten Arbeiterquartiere im Zentrum von Zürich versprach man sich auch eine Beruhigung der angespannten sozialen Lage, die am Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Generalstreik eskalierte. Ein Beispiel eine kleinen Arbeitersiedlung im Grünen sind die Wärterhäuser an der Köschenrütistrasse 167 – 171, welche 1919 das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich errichtet hat.
1931 hiess eine kantonale Volksabstimmung die Eingemeindung gut. Seebach stimmte mit über 98% zu. Noch bevor sie auf den 1. Januar 1934 formal vollzogen wurde, vollendete Seebach, mit der Finanzkraft der Stadt Zürich im Rücken, das grosse Oberstufen-Schulhaus Buhnrain, ein hervorragendes Beispiel des Neuen Bauens (Buhnrain 40). Die Gemeindeversammlung soll das ungeliebte Flachdach des lang gestreckten, streng sachlichen Schulhauses nur deshalb akzeptiert haben, weil der Bau in der grossen Weltwirtschaftskrise, die sich seit 1929 ausbreitete, eine Linderung der Arbeitslosigkeit versprach.
Fast gleichzeitig erhielt Seebach einen zweiten modernen Bau, die als einfacher Kubus aus Sichtbeton entworfene katholische Kirche Maria Lourdes (Seebacherstrasse 3). Auch die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde trug sich mit Kirchenbauplänen. 1938 fand das Projekt des Architekten Albert Heinrich Steiner die Zustimmung der Verantwortlichen, aber nicht unbedingt des Kirchenvolkes, denn der achteckige Zentralbau mit frei stehendem Glockenturm widersprach traditionellen Vorstellungen. Der Krieg verzögerte die Ausführung. Erst 1948 konnte die Kirche eingeweiht werden und dominiert seither, zusammen mit dem Schulhaus Buhnrain, den Buhnhügel als Wahrzeichen Seebachs (Höhenring 54 – 58).
Im Zweiten Weltkrieg lancierte die Stadt ein neues Programm zur Förderung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus. Es löste in Seebach einen eigentlichen Bauboom aus. Ab 1944 errichteten verschiedene Baugenossenschaften grossflächige Wohnkolonien, vor allem im nördlichen Quartiergebiet. Sie alle waren dem Wohnen im Grünen verpflichtet: Reihen-Einfamilienhäuschen und kleine Mehrfamilienhäuser in lockerer Zeilenbauweise mit viel Grün, beispielsweise die lang gestreckte Siedlung der Baugenossenschaft Glatttal mit 220 Wohnungen in 125 Häusern, erbaut 1945 von Sauter&Dirler an der Katzenbachstrasse. Die zu einem Halbkreis geschlossene Siedlunge am Schönauring, 1948.- 1949 von Fritz Jenny und Werner Stücheli, hat die Sadt mit der ″Auszeichnung für gute Bauten in der Stadt Zürich″ geehrt, ebenso die Kolonie Seebach der Gewerkschaftlichen Wohn- und Baugenossenschaft (1949, von Sauter&Dirler). Um 1960 machten sich die ersten Wohnhochhäuser im Siedlungsbild bemerkbar, 1958 die Alterssiedlung Felsenrain der Stadt Zürich von Emil Rütti und Oskar Bitterli und 1962 – 1964 die Siedlung Schwellistrasse am Katzenbach von Edy Knupfer.
In den wenigen Jahren von 1944 bis 1950 bauten die Genossenschaften in Seebach über 1000 Wohnungen. Nach diesem rasanten Start kamen in den folgenden zwei Jahrzehnten nur noch einige hundert dazu. Dagegen brachte der private Wohnungsbau in dieser Periode gegen 4000 neue Wohnungen auf den Markt. 1970 waren von den insgesamt 7477 Wohnungen 18,1% in genossenschaftlichem Besitz, weitaus weniger als in manch anderen Stadtrandquartieren und nur wenig über dem städtischen Mittel (16,8%). Von den 1734 Wohngebäuden im Jahre 1970, darunter 800 Einfamilienhäuser, waren 45% nach 1947 gebaut worden. Sie befriedigten in erster Linie die Nachfrage von jungen Familien mit eher kleineren Einkommen. Die Wohndichte, ein guter Indikator für die soziale Schichtung, lag mit 0,9 Personen pro Wohnraum deutlich über dem städtischen Mittel (0,8).
Zusammen mit den benachbarten Quartieren Affoltern und Schwamendingen wies Seebach 1950 die höchste Geburtenrate (21,5‰) aller Stadtviertel auf und lag 54% über dem gesamtstädtischen Durchschnitt. In rascher Folge musste die Stadt Schulhäuser, möglichst in der Nähe der neu entstandenen Siedlungen, bauen: 1954 Kolbenacker, 1957 Buchwiesen, 1968 Staudenbühl, 1973 Heumatt. Zwischen 1962.und.1968 realisierte die Stadt am Katzenbach die weiträumige Freizeitanlage Seebach mit Schwimmbad, Sport- und Kinderspielplätzen sowie einem Gemeinschaftszentrum (Glatttalstrasse 41-45).
Die Bevölkerung hat von einem Höchststand von 20578 Personen, der 1969 erreicht worden war, bis 1990 auf 17732 (minus 14%) abgenommen und ist dann zehn Jahre lang weitgehend stabil geblieben ist. Es spiegelt sich in dieser gegenläufigen Entwicklung eine tief greifende Veränderung des demographischen Verhaltens und der gesellschaftlichen Normen: Rückgang der Geburten, Überalterung, Zunahme der Kleinfamilien und der Einzelpersonenhaushalte. Aber seit dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts setzte wieder ein beschleunigtes Wachstum der Bevölkerung ein. 2008 zählte man in Seebach 21386 Einwohner, davon 36% Ausländerinnen und Ausländer.
1970 gab es in Seebach 10845 Erwerbstätige und 8820 Arbeitsplätze. 1990 hat sich das Verhältnis umgedreht, 9813 Erwerbstätigen standen 11704 Arbeitsplätze gegenüber. Seebach hat sich also von einem überwiegenden Wohngebiet zu einem überwiegenden Wirtschaftstandort entwickelt.
1952 siedelte sich im Südosten des Quartiers die Firma Contraves an, die Feuerleitgeräte für die Fliegerabwehrgeschütze der Firma Oerlikon Bührle produzierte (Schaffhauserstrasse 580). 1963 erfolgte der erste Spatenstich für das Fernsehstudio Leutschenbach, das in den folgenden Jahren kontinuierlich ausgebaut wurde und eindrücklich den Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs-gesellschaft markiert..
Das Gebiet Leutschenbach im Osten Seebachs, einst ein Sumpfgebiet und durch Bahnlinien vom übrigen Stadtgebiet abgetrennt, ist heute ein wichtiges Entwicklungsgebiet von Zürich. Für Neubauten attraktiv wurde die Gegend, als man 1955 für die neue Thurgauerstrasse den Bahndamm beim Hallenstadion durchbrach. Mit der Nähe zum Flughafen und der Ansiedlung von Büro- und Geschäftsbauten hat dieser Quartierteil eine eigene, hohe Zentralität erhalten. Seit 1998 führte die Stadt mit den Grundeigentümern eine kooperative Planung durch. Das dabei erarbeitete Entwicklungsleitbild war Grundlage für die neue Bau- und Zonenordnung sowie die Realisierung verschiedener öffentlicher und privater Projekte.
2003 wurde der Gebäudekomplex ″Sunrise Tower″ (heute CS) mit seinen beiden markanten Türmen (88 bzw. 72,5 m) fertig gestellt. 2008 erfolgte die Eröffnung des zweien Teilstücks der Glatttalbahn und damit die Schaffung einer direkten Tramverbindung vom Zürcher Stadtzentrum zum Flughafen.
Ebenfalls 2008 wurde der Leutschenbachpark dem Publikum übergeben. Auffallend an dieser Parkanlage ist ein ummauerter, von Bäumen bewachsener kleiner Hügel im Zentrum des Platzes. Es handelt sich hier um den bleidurchsetzten Kugelfang des ehemaligen Schiessplatzes von Seebach, der wegen Kontaminationsgefahr eingemauert werden musste und so als unzugänglicher Baumtopf auf lange Zeit an ein Stück Seebacher Geschichte erinnern wird.
Die obigen Ausführungen folgen mit kleinen Änderungen dem Text von Bruno Fritzsche in:
Baukultur in Zürich. Bd. 1: Affoltern, Oerlikon, Schwamendingen, Seebach. Herausgegeben vom Hochbaudepartement der Stadt Zürich, 3. Aufl., Zürich 2009, S. 111 – 119.